Iran: Vollstrecktes Todesurteil gegen deutschen Staatsbürger ist grausam und unmenschlich

Pressemitteilung:
Iran: Vollstrecktes Todesurteil gegen deutschen Staatsbürger ist grausam und unmenschlich

Nach der gestern bekannt gewordenen Hinrichtung des deutschen Staatsbürgers Jamshid Sharmahd fordert Amnesty International die iranische Regierung erneut auf, die Todesstrafe abzuschaffen und die Praxis der Scheinprozesse zu beenden. An die Bundesregierung gerichtet fordert die Menschenrechtsorganisation die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen gegen die Verantwortlichen im Iran.
BERLIN, 29.10.2024 – Laut offiziellem iranischen Justizportal Misan wurde der Deutsche Jamshid Sharmahd gestern morgen im Iran hingerichtet. Amnesty International hatte sich seit 2020 für seine Freilassung aus der willkürlichen Haft sowie für die Aufhebung des Todesurteils von Februar eingesetzt. Den Prozess gegen Sharmahd hatte die Menschenrechtsorganisation als Schauprozess verurteilt.

Christian Mihr, stellvertretender Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, sagt: „Wir sind schockiert und entsetzt über die Hinrichtung von Jamshid Sharmahd. Unser Mitgefühl gilt in diesen schweren Stunden seiner Familie.

Die Hinrichtung Jamshid Sharmahds verstößt gegen das Menschenrecht auf Leben. Sie ist grausam und unmenschlich und zeugt von der Missachtung fundamentaler Menschenrechte. Das Vorgehen zeigt ein weiteres Mal, dass die systematische Verletzung von Menschenrechten im Vorgehen der iranischen Justiz verankert ist.

Das vollzogene Todesurteil steht am grausamen Ende eines Verfahrens gegen Jamshid Sharmahd, das nur als Schauprozess bezeichnet werden kann und mit einem rechtsstaatlichen Verfahren nichts zu tun hatte. Das Todesurteil gegen ihn war die letzte Konsequenz der menschenrechtswidrigen Praxis der Revolutionsgerichte im Iran, regelmäßig Todesurteile nach unfairen Gerichtsverfahren zu fällen, nachdem erzwungene ‚Geständnisse‘ als Beweismittel verwendet wurden.

Die iranische Regierung hat Jamshid Sharmahd das fundamentale Menschenrecht auf Leben genommen – nachdem die Behörden zuvor zahlreiche andere seiner Rechte verletzt hatten. Unter anderem wurde Jamshid Sharmahd gefoltert und verschwinden gelassen.“

Im Juni 2023 hatte Jamshid Sharmahds Tochter Gazelle Sharmahd mit Unterstützung des ECCHR Strafanzeige beim Generalbundesanwalt gegen acht hochrangige Mitglieder der Justiz und des Geheimdienstes in Iran eingereicht. Mihr sagt: „Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, die Bundesanwaltschaft dabei zu unterstützen, strafrechtliche Ermittlungen gegen die Verantwortlichen im Iran einzuleiten. Wir fordern Haftbefehle gegen alle iranischen Beamt*innen, die an den verübten Verbrechen an Jamshid Sharmahd beteiligt waren. Sie müssen zur Rechenschaft gezogen werden.

Das vollstreckte Todesurteil an Jamshid Sharmahd, einem deutschen Staatsbürger, zeigt das Scheitern der stillen Diplomatie. Die Bundesregierung, die zwar immer wieder kritisch Stellung zu den Menschenrechtsverletzungen im Iran bezogen hat, muss sich viel stärker als bisher dafür einsetzen, dass die Todesstrafe im Iran abgeschafft wird und die Praxis der Scheinprozesse beendet wird. Die Hinrichtung Jamshid Sharmahds muss spürbare strafrechtliche und diplomatische Konsequenzen haben.“

Hintergrund

Jamshid Sharmahd wurde wegen ‚Verdorbenheit auf Erden‘ zum Tode verurteilt, einem Tatbestand, den Amnesty International seit langem kritisiert, da dieser internationalen Standards nicht entspricht und regelmäßig politisch instrumentalisiert wird. Jamshid Sharmahd war Mitglied einer oppositionellen Gruppierung namens „Kingdom Assembly of Iran“, die sich von außerhalb der iranischen Landesgrenzen dafür einsetzt, die Islamische Republik zu stürzen und die Menschenrechtsverletzungen im Iran zu veröffentlichen. Das Staatsfernsehen hatte Propaganda-Videos veröffentlicht, die Sharmahds erzwungenes „Geständnis“ zeigten, an einer Bombenexplosion im April 2008 in Shiraz in der Provinz Fars beteiligt gewesen zu sein, bei der 14 Menschen getötet wurden. Mit dieser Ausstrahlung wurde gegen die Unschuldsvermutung verstoßen. Sharmahd hatte eine Beteiligung an den ihm von den Behörden zugeschriebenen Gewalttaten bestritten, ebenso seine Familie.

30. Oktober 2024